Kurz vor dem Brecht-Festival, am 12. Februar, beging das Bayernkolleg zusammen mit der Buchhandlung am Obstmarkt, wie auch im letzten Jahr, den Geburtstag von Bertolt Brecht, und es war ein richtiger Brecht-Marathon, der den ganzen Tag dauerte! Die letzte Geburtstagsfeier war dem Thema „Bertolt Brecht. Heimat – Fremde – Exil“ gewidmet, diesmal drehte sich alles um das Thema „Bertolt Brecht und Musik“. „Warum eigentlich Musik?“ – mit dieser Frage begann übrigens das Gespräch zwischen Ilayda Aydingünes (1D) und Iryna Skotska (Q11), die die Vormittagsveranstaltung moderierten und mitgestalteten, und man muss sagen, dass diese Frage mehr als berechtigt ist, denn Brecht assoziiert man vor allem mit Theater und Literatur. Aber wenn man in sein Schaffen eintaucht, versteht man, dass kaum ein anderer Schriftsteller so stark und intensiv mit Musik verwoben war: angefangen mit seinen Liedern und Balladen, die er zu selbst komponierter Musik vortrug, über 150 Notenskizzen, die in seinem Archiv gefunden worden sind, bis hin zu seinen Opern und Bühnenstücken, die ohne Musik und Zusammenarbeit mit großen Komponisten seiner Zeit wie Kurt Weill, Paul Dessau und Hanns Eisler gar nicht denkbar sind. Zudem war Brecht ein leidenschaftlicher Musikliebhaber, dessen Ohr keine Gattung entging oder fremd war.  

Bei all dem könnte man zuerst wahrscheinlich denken, dass sich die ganze Veranstaltung nichts anderes als ein Konzert war. Aber nein, ganz und gar nicht! Die Bühne des Konzertsaals wurde für zwei Stunden zu einer kreativen Werkstatt voller Experimente. Sibylle Kauer und ihre Theatergruppe zeigten uns, wie aktuell Brechts Ideen und Texte heute in unserem Alltag sind und uns immer noch begleiten, sei es der „Alabama Song“, die „Moritat von Mackie Messer“ oder Zitate aus seinen Werken. Die Deutschklasse, die zum ersten Mal bei uns im Kolleg auf der Bühne stand, verwandelte Brechts Gedicht „Alfabet“ in eine unvergessliche Performance mit Rap und Pantomime. Dass Brechts Gedichte musikalisch sind und zu Vertonungen einladen, ist kein Geheimnis, aus vielen seinen Gedichten sind Lieder entstanden, und ein ganz besonderes Lied durften wir an diesem Tag genießen, man kann sogar sagen, es war eine Premiere, weil Diana Stoliar (VK2) extra für den Brecht-Tag sein berühmtes Gedicht „Erinnerung an die Marie A.“ selbst vertont hat. Dieses Gedicht zählt zu den schönsten Texten der deutschen Lyrik, und dessen, dass Bertolt Brecht auch ein feiner Liebeslyriker ist, konnten wir uns noch einmal vergewissern, denn Iryna Skotska gab dem „Sonett Nr. 19“ eine Stimme und verlieh dem Brecht-Tag auch eine romantische Note. Schon letztes Jahr sahen wir, wie Brecht die Schülerinnen und Schüler zu eigenen Texten inspirierte, dieses Jahr war es eine der Geschichten von Herrn Keuner, „Wenn die Haifische Menschen wären“ – und wer Brechts „Die Dreigroschenoper“ kennt, der denkt beim Haifisch natürlich sofort an die Moritat von Mackie Messer. Anna Pashchuk, Hamed Eqbali und Vadym Zapadenko aus der Klasse 1BE gingen der Frage „Was wäre, wenn…“ nach und entwickelten spannende Visionen von ganz verschiedenen Welten, die sie uns vorstellten. Auch wenn die Brecht-Feier nicht als Konzert bezeichnet werden kann, gab es doch einen Musikteil, und er war richtig bunt. Der Schulchor mit Herrn Stefan Immler nahm uns auf eine Zeitreise in die 30er und 40er Jahre des vorigen Jahrhunderts mit den Liedern „Mein kleiner grüner Kaktus“ und „Lili Marleen“. Aber es erklangen auch „Always on my mind“ von Elvis Presley, „You don’t own me“ von Lesley Gore und “I shall be released” von Bob Dylan, denn wir haben uns gefragt, welche Musik aus der späteren Zeit dem Geburtstagskind hätte gefallen können. Und wenn wir schon so weit gingen, haben wir dann noch einen Schritt gemacht und uns die Frage gestellt, wie es wäre, wenn Brecht ins heutige Augsburg käme und die Gegenwart sähe. Interessanterweise gab es auch auf diese Frage eine Antwort, denn Mariia Mykhailiuchenko, Mylana Honcharova, Diana Potolchak und Sofiia Nadolenko aus dem VK2 haben darüber einen kurzen Spielfilm gedreht. Am Ende der Feier gab es selbstverständlich ein Geburtstagslied, das „The Beatles“ für den guten lieben B. B. komponiert haben, nämlich „Hey Bert“, das alle als „Hey Jude“ kennen.

Wie viele Emotionen kann ein Lied transportieren?

Dieser musikalische Part der Vormittagsveranstaltung spannte einen Bogen zum Abendkonzert, das den Brecht-Marathon an dem Tag fortsetzte. Isabell Münsch, eine berühmte lyrische Sopranistin und Cross-Over-Sängerin, und Geoffrey Abbott, bekannter Pianist und Arrangeur, entwickelten für das Konzert am Bayernkolleg ein ganz besonderes Programm zu Ehren von Bertolt Brecht mit seinen Liedern, aber auch Stücken von Bob Dylan, Edith Piaf, Adele und Pink, die das Publikum begeisterten und für einen lauten Beifall sorgten.


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Ob „Plärrerlied“, „Die Trommlerin“, „Die Ballade vom Wasserrad“ oder „Youkali“ – jedes Lied war ein kleines Theaterstück und eine Zeitmaschine, und man staunte nur, welche Kraft und Wirkung von Stimme und Klavier ausging. Musik ist schwer in Worte zu fassen, die Eindrücke von ihr sind oft kaum zu beschreiben, aber eins ist sicher – Musik hat die magische Kraft, Menschen zu versöhnen und zu vereinen, und das spürten zweifelsohne alle Gäste, die am dem Abend ins Bayernkolleg gekommen sind.

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Dieser „brechtige“ Tag wäre ohne Lehrkräfte, ihre Schülerinnen und Schüler, Kollegen, Freunde und Partner nicht möglich gewesen, daher danken wir nochmals ganz herzlich Kurt Idrizovic und der Buchhandlung am Obstmarkt für die tolle Zusammenarbeit, Sima Avadieva, Sibylle Geßler, Stefan Immler, Sibylle Kauer, Dr. Oliver Killgus, Udo Loth, Alexander Mattler, Ilse Pröbstl für die wunderbare Hilfe und stetige Unterstützung, allen Schülerinnen und Schülern für super Beiträge und Mitwirken! Ein ganz großes Dankeschön geht an Philipp Steigenberger, der den ganzen Tag lang für technische und organisatorische Begleitung von beiden Veranstaltungen gesorgt hat.

Alles Gute zum Geburtstag, lieber B.B., und bis zum nächsten Mal!

Julia Pasko

 

Die Meinung der anderen

>> Augsburger Rundschau: https://neue-augsburger-rundschau.blogspot.com/2025/02/munsch-und-abbott-begeistern-mit-brecht.html

 



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